Sonntag, 20. Januar 2013

Self Publishing, Kritik

Vor ein paar Tagen veröffentlichte ich einen Artikel über Self-Publishing bei Zeit Online, und seitdem verfolge ich aufmerksam die Diskussion, die darum entstanden ist, z.B. hier, hier oder hier - ich möchte nicht sagen, dass er Artikel viel gebracht hat, oder besonders weit gewandert ist, trotzdem hat, in dem kleinen Kreis derjenigen, die sich beruflich oder freizeitmäßig, als Autor oder sonstwie mit Self Publishing befassen, er doch etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen, als ich dachte. Und auch mehr Kritik.

Größtenteils waren die Rückmeldungen positiv, auf Facebook, auf Twitter, in den Kommentaren auf Zeit Online, ich bekam sogar persönliche Lobesmails von Menschen, die ich überhaupt nicht kenne. Die Autoren, so kann man das zusammenfassen, waren zufrieden, dass sich ein Mainstream-Medium wie die Zeit mit dem kleinen, vielleicht etwas schmuddeligen Bruder (der schmuddeligen, kleinen Schwester? Man weiß es nicht) des Verlagsliteraturbetriebs befasst, die Vertreiber von selbst publizierten Büchern waren - zumindest die meisten - aus genau demselben Grund zufrieden. Sowas ist schön, ich habe immer ein bisschen Angst davor, dass ich etwas blödes schreibe, und sich sofort ein wütender Internet-Mob bildet und anfängt, mich zu beleidigen, was in diesem Fall nicht passiert ist.

Tatsächlich aber scheine ich, was mir vorher gar nicht so klar war, mit dem Artikel - der sich eigentlich mit dem Potential von Self-Publishing für die belletristische Literatur befassen sollte, also aus Richtung der Literatur versucht zu argumentieren - mitten in ökonomische Interessen hineingeschlittert zu sein. Was so gar nicht beabsichtigt war, aber im Nachhinein natürlich auf der Hand liegt. 

Die Hauptkritikpunkte an dem Artikel waren zwei Formulierungen. 

Das eine war, dass ich BookRix, epubli und Amazon Kindle Desktop Publishing als die drei "großen" deutschen Self-Publishing-Plattformen bezeichnet habe. Zu Recht wurde zum Einen eingewandt, dass - bei oberflächlichem Lesen - man den Eindruck gewinnen könnte, es gäbe keine anderen Self-Publishing-Plattformen, wie z.B. den Indie-Anbieter XinXii. Nun ja, ich hoffe immer auf aufmerksame Leser, und denke, dass das Wort "groß" mit einschließt, dass es auch kleinere Anbieter gibt, die ich in dem Artikel nicht alle aufzählen konnte. Die 5000 Zeichen, die ich hatte waren auch so schon zu wenig, genau deshalb habe ich auch Outtakes online gestellt
Zum Anderen bin ich -von den jeweiligen Pressevertretern - darauf hingewiesen worden, dass BookRix und epubli - wenn man es von der Anzahl der verkauften und Angebotenen Bücher her brachtet - gar nicht die größten Anbieter sind, sondern beispielsweise BoD und tredition weit mehr eBooks anbieten und verkaufen.  
Tatsächlich, fand ich,  sind solche absoluten Zahlen bei dem Thema und dem Fokus auf Belletristik etwas problematisch: Es war mir  wichtig zu sagen: Es gibt Self-Publishing, das ist nicht mehr nur ein Spielzeug, sondern eine ernstzunehmende Publikationsform, wo literarische Schätze gehoben werden können, wenn man nur lange genug sucht. Tatsächlich war es mir wichtig, zunächst einmal Vorurteile abzubauen. Um das zu exemplifizieren habe ich erst einmal gar nicht nach großen Self-Publishing-Diensten in dem Sinn gesucht, dass "groß" sich auf das große Angebot von eBooks bezieht - denn auch das ist, da ich mich nur mit zeitgenössischer Belletristik befassen wollte, kein Kriterium, und wenn doch, eines, das erst relevant würde, wenn man aus dem Angebot gemeinfreie Klassiker, Sachbücher und Special-Interest-Bücher abzieht. 
Es ging mir zunächst, und hauptsächlich um erfolgreiche, zeitgenössische Belletristikautoren ohne Veröffentlichungen in klassischen Verlagen.  Da stößt man natürlich erst auf Jonas Winner (der für mich für ein Interview leider nicht verfügbar war) und dann auf Jana Falkenberg bei epubli. Gleichzeitig habe ich mich in aktuellen Veröffentlichungen (Buchreport, Börsenblatt etc.) nach häufigen Erwähnungen von Self-Publishing-Diensten umgesehen. Und bei den dreien, die ich erwähne, verdichteten sich die Erwähnungen. So kommt dann das "groß" zustande: Nicht die lieferbaren Bücher waren mein Kriterium, sondern die Erwähnungen in meines Erachtens relevanten und unabhängigen Publikationen. Ich sehe ein, dass das ein sehr subjektives Kriterium sein kann, und auch eines, dass man kritisieren kann. Andererseits halte ich das für wichtiger als absolute Zahlen: Es ging mir darum, wie viel Aufmerksamkeit die Plattformen generieren. 
Ein anderer Punkt, der da ein bisschen mitschwingt, und auch in den Kommentaren erwähnt wurde, ist, dass epubli wie die Zeit zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck gehört. Ich würde jetzt sagen, dass ich den Artikel ursprünglich gar nicht der Zeit angeboten hatte, sondern dem Tagesspiegel, der aber, wie ich dann erfahren habe, Dieter von Holtzbrinck, dem Halbbruder gehört, der auch 50% an der Zeit hält
Ich würde jetzt sagen: Ich kann als freier Journalist meine Loyalitäten nicht so billig verkaufen und so ungeniert Schleichwerbung platzieren, aber das glaubt mir wieder keiner, darum sage ich: Es gab in diesem Punkt Bedenken seitens der Redaktion, woraufhin ich den Artikel noch einmal ein wenig geändert und epubli etwas weniger Platz eingeräumt habe, und außerdem ist es als freier Journalist gar nicht so einfach, für etwas zu arbeiten, das nicht den Herrschaften von Holtzbrinck gehört. Tatsächlich freut es mich, dass die Kommentatoren von Zeit Online das bemerkt haben. 

Die andere Formulierung war: Auch viele deutsche Blogger, die sich mit Rezensionen von Neuerscheinungen befassen, stehen solchen Büchern ablehnend gegenbüber. Ich belegte das mit einem Link auf diesen Post in einem großen, deutschen Literaturblog. Woraufhin dort dieser Post erschien, in dem es heißt:  
"Allerdings kolportiert der Beitrag [mein Artikel, J.F.] die Behauptung, dass „viele deutsche Blogger, die sich mit Rezensionen von Neuerscheinungen befassen“, Büchern von Selfpublishern „ablehnend gegenüber“ stünden. Dass sich die Aussage direkt auf den SteglitzMind-Blogpost vom 9. November 2012 bezog, verwunderte mich doch sehr.
Wo steht dort geschrieben, dass viele Buchblogger Indie-Publikationen keinen Respekt zollen, ihnen gar ablehnend gegenüberstehen? Wurde gar das Fazit des Beitrags übersehen, in dem zu lesen steht, dass Blogger keine Unterschiede machen und von Autoren – egal ob Indie-, Hybrid- oder Verlagsautor – in erster Linie Qualität einfordern. Warum fiel mein Versuch, ein differenziertes Stimmungsbild wiederzugeben, pauschalisierenden Schlussfolgerungen anheim? Neigt man in der Eile des Gefechts dazu, das Kind mit dem Bade auszuschütten?"

Mal abgesehen vom eher umständlichen Stil - ja, genau das steht dort, mit zwei oder drei Ausnahmen, und immer wieder bricht in den Beiträgen eine größere Skepsis gegenüber selbst verlegtem als gegenüber klassischen Verlagsveröffentlichungen durch. Zumindest lese ich das so, aber deshalb sind die Beiträge ja hier verlinkt: Zum Selberlesen, zum Selbereinbildmachen.
In dem anderen verlinkten Post, in dem es ein Stück weit auch um meinen Artikel geht, ist die Skepsis dann aber wieder nicht mehr so groß, was mich auch sehr freut. Vielleicht wird es ja noch was mit dem Self-Publishing.



2 Kommentare:

  1. Derzeit sehe ich das Self-Publishing auch noch nicht als sonderlich hilfreich an. Zumal man eher weniger von Selfpublishing-Autoren hört, was sich in Zukunft natürlich noch ändern könnte. Dennoch würde ich mich als Autor eher an einen Verlag, bei dem ich mein Manuskript einreichen kann und zusätzlich Unterstützung erhalte, was wahrscheinlich am Anfang besonders wichtig ist.

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  2. Tatsächlich ist das die Stelle, an der ich sagen würde: Da ist die Arbeit der unendlich wichtig. Ein unlektoriertes Buch ist ja selten ein Spaß. Wobei auch da die meisten Self-Publishing-Plattformen gegen einen Aufpreis Hilfe anbieten - fragt sich nur, ob das dann auch kompetente Hilfe ist.

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