Freitag, 8. Februar 2013

Drogengeschichte


Ich beim Vortragen. Ein ernsthafter, junger Mann.
Bild von mir. 
Anfang 2012 hielt ich auf der Tagung "flow aus spielen" in Wolfsburg einen Vortrag über die Frage, wie viel Sinn es wohl machen könnte, auf Drogen zu schreiben.
Eigentlich ging es auf der Tagung um den Begriff "Flow" und seine kulturwissenschaftliche Bedeutung für und in Spielen, hauptsächlich ging es dabei um digitale Spiele, und es gab dazu eine irrsinnige, man möchte fast sagen: anstrengende Menge hörenswerter Vorträge. Ich war für den Blick über den Tellerrand, oder wie man es nennen möchte, eingeladen: Literatur, Flow und Drogen.

Und wenn es bei mir um Drogen und Literatur geht, dann erzähle ich immer wieder gerne diese eine Geschichte - nämlich diese eine Sache, damals, als ich in Disneyland Paris arbeitete - und deren Bedeutung für mich ich versuchte, aus meiner Schreibpraxis und der Schreibpraxis anderer Autoren heraus zu erklären, und das Ganze mit den Grundlagen des Flow-Begriffes bei Mihály Csíkszentmihályi anfütterte. 

Unten stehend: Das Skript. Man kann das - und alle anderen, wirklich auch tollen Vorträge - auch als Buch kaufen, und zwar genau hier.






Wikingerbeerdigung für Pankow.
Versuch eines Netzes zwischen Drogen, Flow und Literatur


Vor meinem Studium arbeitete ich für kurze Zeit in Disneyland Paris. Ich habe weder davor noch danach jemals wieder leichteren Zugang zu Drogen gehabt und auch niemals eine bessere Spielwiese, um sie auszuprobieren. Ich hing damals mit zwei Berlinern rum, von denen einer – Ben – mit mir zusammen im Kiosk an der Indiana-Jones- Achterbahn arbeitete, und der andere, dessen Namen ich vergessen habe, im Hotel New York die Autos der Gäste in der Tiefgarage parkte, beziehungsweise mit besonders schönen oder teuren Modellen auch schon mal ein paar Stunden in der Gegend herumfuhr, wenn es ihm passte. Die beiden teilten sich ein Zimmer in demselben Disney-Mitarbeiter-Wohnblock wie ich. Sie hatten eine Ratte namens Pankow.
Die Ratte durfte frei im Zimmer herumlaufen und starb an einer Überdosis, nachdem sie sich einen Haschischklumpen im Wert von 30 Euro einverleibt hatte, den wir schon eine Weile lang vermisst hatten. Sie hatte ihn wahrscheinlich irgendwo auf dem Boden gefunden, ihn mit in ihren Käfig genommen und in dem kleinen Plastikhäuschen, in dem sie schlief, verspeist.
Ich war da an dem Abend, an dem Ben und sein Kumpel herausfanden, dass Pankow verstorben war. Wir lagen auf dem Bett, rauchten und überlegten, ob wir etwas essen sollten, als Ben plötzlich sagte: »Ey, wat chillt ’n Pankow so eigentlich konstant in sein Häuschen?«
Die Ratte war zu dem Zeitpunkt schon zwei oder drei Tage tot, und als wir das herausfanden, warfen wir die Ratte und ihr Häuschen in eine Plastiktüte und legten alles auf die Fensterbank.

Ich kann die Ereignisse, die dann dazu führten, dass wir Pankow eine Wikingerbeerdigung auf dem Lake Disney angedeihen ließen nicht mehr ganz rekonstruieren. Aber wir alle hatten Pankow liebgewonnen, mit der Zeit, die Ratte und ihre tollpatschigen Rattenbewegungen, und als wir sie tot in ihrem Häuschen fanden, war schnell klar, dass Pankow etwas Besonderes verdient hatte, dass es nicht einfach mit einer Beerdigung in irgendeinem Hinterhof getan wäre. Ben war es, der vorschlug, wir sollten auf jeden Fall Pilze nehmen, um uns von Pankow zu verabschieden, er war es auch, der versprach, welche zu besorgen.
Zwei, drei Wochen später – es war, wie gesagt, zum Glück Winter, und Pankow war auf der Fensterbank tiefgekühlt worden und stank noch nicht – zeigte Ben uns, was er besorgt hatte: eine Hand voll kleiner, brauner Samen, die nicht im geringsten etwas mit Pilzen zu tun hatten. Es seien, erklärte er uns, Holzrosensamen. Nicht so wie Pilze, keine Halluzinationen. Anders. Besser, meinte er, für das, was wir vorhätten, die Rattenbeerdigung.

»Holzrosensamen«, lese ich erst Jahre später auf Wikipedia, »enthalten unter anderem den Wirkstoff Ergin (Lysergsäureamid, LSA), der dem  Lysergsäurediethylamid (LSD) ähnlich ist und psychedelisch wirkt.«

Das ist das Zeug. Bild von hier.
Ich erinnere mich an nicht mehr viele Zusammenhänge von diesem Abend, nur an einzelne, verwischte Bilder, und ich könnte noch weniger davon erzählen, ohne mich lächerlich zu machen. Ich weiß noch, dass wir Bus fuhren, es regnete, und die Tropfen auf den Fenstern und ihre eigenartige Parallelität zueinander faszinierten mich so sehr, dass ich fast unsere Haltestelle verpasste.
Ich erinnere mich, dass wir ins Disney Village gingen, dort, wo in Disneyland die ganzen Bars und Restaurants sind, dort, wo man abends hingeht, wenn der Park selbst schon geschlossen hat. Das Disney Village ist kein guter Ort für psychedelische Drogen: Es ist voll, groß, überall ist Licht und Neon, und aus der Sports Bar torkeln besoffene Gruppen minderjähriger Engländerinnen und kreischen. Alles ist Überforderung. Wir gingen in eine Spielhalle und spielten Autorennspiele und verloren ständig. Wir trafen Menschen, die wir kannten, andere Disney-Mitarbeiter, und versuchten, nicht zu viel zu reden. Wir hatten dabei immer die Tüte mit der toten Ratte im Gepäck, und wechselten uns damit ab, sie zu tragen. Als wir genug davon hatten, von dem ganzen Neon, von den Rennspielen, gingen wir auf der anderen Seite des Disney Village wieder raus: Der Lake Disney liegt auf halbem Weg zu den Hotels. Es gibt dort ruhige Ecken, zwischen den Hotels, hinten rechts, da wo zu der Zeit, als ich dort war, ein Zelt aufgebaut wurde, in dem irgendeine von diesen irischen Tanzshows auftreten sollte, zum Beispiel. Wir fanden eine dieser ruhigen Ecken und ohne, dass wir darüber reden mussten, zündete jemand ein Stück Papier an, warf es in die Tüte mit Pankow und ihrem Häuschen, und wir warfen das rauchende, schmelzende Bündel in den See, wo wir ihm nachschauten, bis es unterging.

Ich erinnere mich von diesem Abend – und auch von anderen, an denen ich dieselbe Droge probierte – am intensivsten an das Gefühl, dass alles, was wir taten, dass jede bekloppte Idee, die wir hatten, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt war. Dass jede Anstrengung, die uns begegnete, nur ein unbedeutendes Hindernis war auf unserem Weg, das Richtige zu tun, was auch immer es zu diesem Zeitpunkt war.

Das ist eine wahre Geschichte. Ich möchte sie – beziehungsweise das Erlebnis, das ihre Grundlage ist – gerne in die Mitte meines kleinen Netzes zum Thema Flow, Drogen und Literatur stellen, weil sie das alles in gewisser Weise vereint, oder, wenigstens in meinen Augen, alle zentralen Punkte berührt.
Wir werden noch Beispiele von anderen, von richtigen Schriftstellern hören – unter anderem Jack Kerouac, Stephen King, Hunter S. Thompson –, von solchen Schriftstellern, die tatsächlich etwas können und nicht – wie ich – im Dunkel herumstochern und sich freuen, wenn sie dort etwas finden. Aber ich möchte erst einmal kurz über Produktionsmechanismen reden, und da kenne ich eine von meinen kleinen Ausflügen in die Prosa besser als die von irgendjemand anderem.

Ich habe meine Disney-Drogengeschichte noch nie erzählt, nicht auf diese Art jedenfalls, nicht so ausformuliert. Gleichzeitig habe ich sie aber schon Hunderte von Malen erzählt – nicht nur diese Geschichte, sondern eine ganze Masse an Geschichten, die mit dieser Zeit in Disneyland verknüpft sind, eine Zeit, die zentral geprägt war von einer Menge Wahrnehmungsverschiebungen. Zum einen, weil ich gerade begann, ein wenig erwachsen zu werden – ich war zum ersten Mal von zu Hause ausgezogen –, zum anderen aber natürlich auch wegen meines Drogenkonsums: Ich komme immer wieder auf Bilder, Eindrücke, Gedanken zurück, die von damals stammen, die in diesen zerfledderten Notizbüchern stehen, die ich damals immer mit mir herumschleppte: Ich habe diese eine Geschichte nie erzählt, aber was damals mit mir, in meinem Kopf und um mich herum passiert ist, das erzähle ich immer wieder.

Ein Mann, ein Drogenproblem. Bild von hier.
Ich glaube, dass andere Schriftsteller ähnlich arbeiten: Es geht Hunter S. Thompson in "Fear and Loathing in Las Vegas" ja gar nicht darum, Drogen-Erfahrungen zu schildern, die er sicherlich gemacht hat. In der Konstruktion des Buches ist der Drogenmissbrauch einerseits ein Symptom für die Mitte der 70er einsetzende Perversion der Idee der 68er, Drogen seien eine harmlose Möglichkeit, in Bewusstseinsbereiche vorzustoßen, die vorher unerschlossen waren, und damit wiederum gleichzeitig eine Kritik an 68, andererseits sind die Räusche aber auch Mittel zum Zweck, die Wahrnehmung der Protagonisten gerade genug zu verschieben, damit sie mehr sehen
auf ihrer Suche nach dem Amerikanischen Traum.
In Kerouacs "On the Road" ist die Schilderung des Marihuana- Rausches im Grunde wieder nur ein Symptom für den Rausch des Lebens, der amerikanischen Weite, all dieser Dinge, die er finden will, und vor allem eng verknüpft, fast schon austauschbar, mit dem Bepop, der bis in die stilistische Ebene des Romans ein Grundmotiv ist. Gleichzeitig geht die Legende, dass Kerouac, um seinen Schreibfluss nicht zu unterbrechen, während der Produktionsphase seines Romans nicht schlief, sondern Benzendrin inhalierte. Man kann das glauben oder nicht, fest steht, dass "On the Road" tatsächlich einen irrsinnigen Fluss entwickelt, der, wenigstens teilweise, durchaus das Ergebnis eines schlaflosen Benzedrin-Rausches sein könnte, ihn fraglos aber sehr gut abbildet.
Ähnlich ist das bei Stephen King, der Drogenräusche selten direkt schildert. Aber die Sedimente davon sind in seinen Romanen erkennbar. King selbst hat zugegeben, dass er mit dem gewalttätigen Alkoholiker Jack Torrance, der Hauptfigur aus "The Shining", in großen Teilen von sich selbst geschrieben hat. In anderen Interviews sagt King, dass er in "Misery" - einem Roman, in dem eine psychotische Krankenschwester einen verletzten Schriftsteller mit Schmerzmitteln und körperlicher Gewalt dazu zwingt, einen Roman zu schreiben, den er nicht schreiben will – im Grunde auch seine eigenen Drogen-Erfahrungen beziehungsweise Drogen-Probleme reflektiert.
Oder, dass er beim Schreiben von "Das Monstrum" sich Wattestäbchen in die Nase stecken musste, weil sonst das Nasenbluten vom Kokain nicht unter Kontrolle zu kriegen gewesen wäre. In dem Roman gräbt die Hauptfigur fast schon besessen, überzeugt davon, sich selbst etwas Gutes zu tun, ein außerirdisches Raumschiff aus, dessen Strahlung sie – und die halbe Kleinstadt – zerfallen lässt und in etwas anderes, ein außerirdisches Wesen verwandelt, das sich von der Lebensenergie anderer Menschen ernährt. Im Grunde ist der ganze Roman eine Paraphrase von Gottfried Benns Gedicht Cocain:

"Cocain
Den Ich-zerfall, den süßen, tiefersehnten,
Den gibst Du mir: schon ist die Kehle rauh,

Schon ist der fremde Klang an unerwähnten
Gebilden meines Ichs am Unterbau.
Nicht mehr am Schwerte, das der Mutter Scheide
Entsprang, um da und dort ein Werk zu tun

Und stählern schlägt --: gesunken in die Heide,
Wo Hügel kaum enthüllter Formen ruhn!
Ein laues Glatt, ein kleines Etwas, Eben-
Und nun entsteigt für Hauche eines Wehns

Das Ur, geballt, Nicht-seine beben
Hirnschauer mürbesten Vorübergehns.
Zersprengtes Ich - o aufgetrunkene Schwäre -
Verwehte Fieber - süß zerborstene Wehr -:

Verströme, o verströme Du - gebäre
Blutbäuchig das Entformte her."

Worauf ich hinaus will ist, dass meiner Ansicht nach die Drogen- Erfahrung für die meisten Schriftsteller zunächst einmal eine Erfahrung ist, die irgendwo ins geistige Lager gepackt wird, um dann später benutzt und umgewertet zu werden: Die Schilderung vom Rausch entsteht nicht im Rausch, und umgekehrt: Im Rausch entsteht keine Schilderung von Rausch, nicht desselben, wenigstens: King hat "Cujo" geschrieben, während er so betrunken war, dass er sich nicht mehr daran erinnern kann, den Roman geschrieben zu haben. Man müsste sich aber größte Mühe geben, diesen Rausch aus dem Buch herauszulesen. Oder, mit den Worten des großen Lehrmeisters der 60er, Aldous Huxley:

»Während der Erfahrung [dem LSD-Rausch] ist man nicht daraninteressiert, etwas Praktisches zu tun, nicht einmal Lyrik zu schreiben.Würden Sie, während Sie eine Liebesaffäre mit einer Frau haben,darüber schreiben wollen? Natürlich nicht. Während der Erfahrunginteressiert man sich nicht für Worte.«

Danach dann aber wiederum schon, wie Alexander Kupfer in Die

»Der Rausch ist bei Benn eine unerlässliche Voraussetzung künstlerischen Schaffens. Wie ist es aber nur vor dem Hintergrund dieser Überlegungen um die Frage nach dem kreativen Nutzen der Droge bestellt? Zunächst einmal sollten die bisherigen Ausführungen gezeigt haben, dass der Rauschbegriff bei Benn durchaus nicht nur auf Drogen verweist, sondern eine Vokabel ist, die den Inspirationsmoment ganz allgemein beschreibt. Ein Reiz von hohem Wallungswert, der in das Bewusstsein eindringt und dadurch einen kreativen Prozess auslöst, kann aber durch alles mögliche entstehen, also auch durch die Einwirkung einer Droge.«

Oder, nochmal anders gesagt: Während meiner Disney-Drogen- Erfahrung hätte ich ums Verrecken nicht schreiben können. Dann hätte ich ja die Erfahrung nicht gemacht. Als – verlängerter – Inspirationsmoment aber, als Moment, in dem die Gedanken und Ideen sich aufzeichnenswert verschieben, war der Rausch ganz ausgezeichnet geeignet. William Burroughs geht sogar noch ein Stück weiter und bezeichnet (psychedelische) Drogen als »Führer« in psychische Bereiche, die sich sonst nicht erschließen ließen. Jemand, der einen durch das Dickicht des eigenen Unterbewusstseins leitet, wenn man es mit Pathos formulieren will. Oder, anders gesagt: Jemand, etwas, der, das einen Weg kennt.

»In meinem Hirn war jeder Gedanke, wo er hingehörte. Jeder Gedanke stand völlig bekleidet sprungbereit hinter der Tür seiner kleinen Zelle, wie Gefangene, die mitternächtlich auf das Ausbrechen warten. Und jeder Gedanke war eine Vision, klar und deutlich, scharf geschnitten, unverkennbar. Mein Hirn war von dem klaren, weißen Licht des Alkohols erleuchtet. […] Ich war der Herr meiner Gedanken, der Meister meines Wortschatzes und der Summe meiner Erfahrungen.«

schreibt Jack London in "König Alkohol". Und auch wenn ich persönlich das, was London mit Alkohol erlebt, nicht mit Alkohol nachvollziehen kann – bei mir wirkt er anders –, kann ich das Erlebnis nachvollziehen, weil es ziemlich genau dasselbe ist wie das, was ich, wir, mit unserem Disney-Rausch hatten: etwas, und das ist der zweite Punkt, an dem mein Rausch von damals das Thema dieses Vortrags berührt, was ich als Flow-Erfahrung bezeichnen würde.


Ich habe hier noch einmal Csíkszentmihályis Flow-Kriterien zusammenkompiliert:

1. Die Aktivität hat deutliche Ziele.
a. Die Aktivität hat unmittelbare Rückmeldung.
b. Die Tätigkeit hat ihre Zielsetzung bei sich selbst (sie ist autotelisch).
2. Wir sind fähig, uns auf unser Tun zu konzentrieren.
3. Anforderung und Fähigkeit stehen im ausgewogenen Verhältnis,
sodass keine Langeweile oder Überforderung entsteht.
4. Wir haben das Gefühl von Kontrolle über unsere Aktivität.
5. Mühelosigkeit.
a. Unsere Sorgen um uns selbst verschwinden.
6. Unser Gefühl für Zeitabläufe ist verändert.
7. Handlung und Bewusstsein verschmelzen.

Husten? Kein Problem mit Heroin.
Bild von hier.
Und würde es Sinn machen, könnte ich sie tatsächlich anhand einzelner Episoden meines Disney-Rausches abhaken, von vorne bis hinten. Aber es ist nicht Sinn der Sache, eine subjektive Erfahrung nachträglich zu objektivieren, das ist ja auch und gerade immer das Problem beim Flow-Begriff. Ich würde es erst einmal von einer anderen Seite probieren und mich von hinten an die Flow-Begriff anschleichen.
Drogeninduzierter Rausch ist immer der Versuch einer Optimierung der Wahrnehmung, zumindest aber der Versuch einer Verschiebung zum Besseren hin.

»Das Bedürfnis, dem eigenen Gehirn chemisch auf die Sprünge zu helfen, ist alles andere als neu: Kaffee und Energiegetränke zum Wachbleiben, Traubenzucker für die Konzentration, Alkohol zumEntspannen und pflanzliche Präparate bei leichten Gedächtnisstörungen und Gemütsschwankungen sind so verbreitet wie gesellschaftlich akzeptiert. Dazu kommen in bestimmten Branchen illegale Drogen wie Kokain oder die Aufputschmittel Speed oder Ecstasy.«

schreibt Veronika Szentpétery in ihrem Spiegel-Artikel »Die gedopte Elite«.

Hans-Christian Dany meint in "Speed. Eine Gesellschaft auf Droge:" 

»Die Sehnsucht des Menschen, sich zu verbessern, liefert ein Motiv, das mit Amphetamin perfekt zusammenpasst. Tiefer durchatmen, gezielter Denken, schöner geformt sein, schärfer schießen, und schneller arbeiten – das sind Wünsche, die mit dem Stoff in Erfüllung gehen sollen.«

"Speed. Eine Gesellschaft auf Droge" beschreibt Amphetamine als die Droge der Moderne, die Droge einer Gesellschaft, die erst so richtig begann, sich zu beschleunigen, und meinte, das Gehirn sei chemisch genauso kontrollierbar wie eine der Maschinen, von denen man so fasziniert war. Nach Meinung des britischen Kulturwissenschaftlers und Drogenexperten Mike Jay hat allerdings jeder Ort, jede Zeit, jede Kultur ihre Drogen: In seinem Buch "High Society. Eine Kulturgeschichte der Drogen" schreibt er:

»Keine Gesellschaft kommt ohne Drogen aus.«

und fährt ein beeindruckendes Feuerwerk an Beispielen aus allen möglichen Zeiten, Kulturen und Ländern ab: Die Menschen, egal wer, egal wo, haben offenbar ein tiefes Bedürfnis von Zeit zu Zeit ordentlich high zu sein, und das gilt natürlich nicht nur für Schriftsteller oder Künstler.

»Bewusstseinsverändernde Substanzen«, schreibt der Londoner Kurator Ken Arnold im Vorwort zu High Society, »sind eine Antwort auf den tiefen Wunsch – wo nicht gar den Drang –, unsere normalen Lebenserfahrungen zu bereichern und zu erweitern.«

Man kann das mechanistisch verstehen: Drogen nehmen, damit die Körper-Maschine flüssiger läuft. Oder in einem romantischen Sinn: Drogen nehmen, um Kontakt zur eigenen und zur Weltseele aufzunehmen. In Csíkszentmihályis Idee von Flow steckt beides:

»We might say that making a distinction between flow-activities that involve functions of the body and those that involve the mind is, to some extent, spurious.«

Flow ist ja gerade das perfekte Ineinandergreifen von Körper und Geist während einer Aktivität – warum da großartig differenzieren? Beim Drogenrausch ist es dasselbe: Nach dem Disney-Rausch
konnte ich nicht schlafen, das ist einer der Effekte der Droge. Der Geist hält in seinem hypersensiblen Zustand alles für eine gute Idee – der Körper ist rastlos genug, es auch zu tun. In Csíkszentmihályis Terminologie ließe sich vielleicht sagen: Wer Drogen nimmt, versucht, seine Lebenserfahrung – auf die eine oder andere Art – zu optimieren. Und die Flow-Erfahrung wird von Csíkszentmihályi als die »optimale Erfahrung« definiert, eine, die in ihrer Beschreibung einer Drogen-Erfahrung nahekommt. In seinem Standardwerk "Flow. The psychology of optimal experience" schreibt er:

»It [Anm. J.F.: die Flow-Erfahrung] provided a new sense of discovery,a creative feeling of transporting the person into a new reality.It pushed the person to higher levels of performance, and led to previouslyundreamed-of states of conciousness.«

Das »It« in diesem Zitat meint zwar die Flow-Erfahrung, aber es könnte genauso gut auch fast jede Art von Droge meinen. Csíkszentmihályi möchte trotzdem nichts davon wissen, dass Drogen
auch Flow-Erfahrungen hervorrufen können, und der Rausch selbst vielleicht sogar eine sein könnte:

»Any activity that transforms the way we perceive reality is enjoyable, a fact that accounts for the attraction of ›conciousness-expanding‹ drugs of all sorts, from magic mushrooms to alcohol to the current Pandora’s Box of hallucinogenic chemicals. But conciousness cannot be expanded; all we can do is shuffle its content, which gives us the impression of having broadened it somehow. The price of most artificially induced alterations, however, is that we lose control over that very conciousness we were supposed to expand.«

Eine Flow-Erfahrung, meint Csíkszentmihályi, könne nicht mit künstlichen Mitteln erreicht werden: Eine Drogen-Erfahrung, die dem nahekommt, sei schlichtweg eine Illusion, nicht echt, im Gegensatz zu seinem immer wieder erwähnten Lieblingsbeispiel, der Bergsteigerin, deren Flow-Erfahrung ein Original Csíkszentmihályi-Echtheitssiegel bekommt.

Ich persönlich würde mir natürlich, für das Thema dieses Aufsatzes, wünschen, dass Csíkszentmihályi noch näher auf dieses Thema einginge – er tut es aber nicht, sondern bleibt herzzerreissend ungenau. Das Thema Drogen und Flow handelt er im Vorbeigehen ab. Für ihn ist jede Droge genau dieselbe: Alkohol, Pilze, chemische Drogen, auf die er kaum näher eingeht, höchstwahrscheinlich LSD: Alle diese Drogen haben für Csíkszentmihályi in Bezug auf Flow- Erfahrungen dieselbe Wirkung: nämlich am Ende gar keine. Zumindest aber wird klar, dass für Csíkszentmihályi eine Art Transzendenz des Selbst auf eine höhere, komplexere Ebene – neben anderen Kriterien – zu einer Flow-Erfahrung auf jeden Fall dazugehört. Drogen, meint er, können das nicht leisten, sondern höchstens eine Illusion dessen bieten.

Huxley, skeptisch die Pforten der
Wahrnehmung betrachtend.
Bild von hier.
Eine etwas differenziertere Meinung dazu vertritt Aldous Huxley in seinem berühmten Aufsatz "The Doors of Perception". Alkohol und Tabak hält er zwar auch für völlig ungeeignet für den Zweck der Transzendenz des Selbst, das gleiche gilt für Kokain und Opium. Nach einem Selbstversuch mit Meskalin allerdings – an dessen Schilderung man auch schon sämtliche von Csíkszentmihályis Kriterien für ein Flow-Erlebnis abhaken könnte – ist Huxley der Meinung, dass Selbsterweiterung, so, wie Csíkszentmihályi sie beschreibt, durchaus mit bestimmten Drogen erreicht werden kann:

»The urge to transcend self-concious selfhood is, as I have said, a principal appetite of the soul. When, for whatever reason, men and women fail to transcend themselves by means of worship, good work and spiritual excercises, they are apt to resort to religions chemical surrogates.«

Dieser Appetit kann, nach Huxley, mit allen möglichen religiösen oder sonstigen Übungen gestillt werden – auch das deckt sich durchaus mit Csíkszentmihályis Ideen zum Flow-Erlebnis –, aber eben auch, unter bestimmten Umständen und mit bestimmten Drogen, beispielsweise Meskalin. Interessant dabei ist, aber nur am Rand, dass sowohl Huxley als auch Csíkszentmihályi die Nähe von Bewusstseins- oder Selbsterweiterung zur religiösen Erfahrung betonen. Das Problem hierbei ist natürlich erst einmal, dass Huxley nicht in dem Sinne eine Flow-Erfahrung beschreibt, obwohl sein Meskalin-Selbstversuch durchaus Züge dessen trägt und am Ende auch zu dem Ergebnis kommt, das auch Csíkszentmihályi als Ergebnis einer Flow-Erfahrung ansieht:

»It adds to the complexity of the self.«

Drogen und Flow passen nicht zusammen. Drogen und Flow passen zusammen. Wobei ja Huxley selbst schon gewisse Differenzierungen vornimmt und selbst zugibt, dass auch Meskalin nicht die
geeignetste Droge ist. Opium übrigens auch nicht, das sagt Huxley, und er bekommt Rückendeckung von Thomas de Quincey in "Bekenntnisse eines englischen Opiumessers":

»Der Opiumesser büßt nichts von seiner moralischen Empfindlichkeit und Bestrebung ein; so innig wie je zuvor wünscht und verlangt er danach, zu verwirklichen, was er für möglich hält, und fühlt sich dem Gesetz der Pflicht unterworfen. Doch übersteigt das, was seinem Verstande als leuchte Aufgabe erscheint, seine Kraft bei weitem, und zwar nicht nur die ausführende, sondern auch die planende Kraft. Er liegt da und sieht vor sich, was er vollbringen möchte […] und gäbe gern sein Leben her, wenn er nur aufstehen und gehen könnte.«

Was de Quincey beschreibt, ist so ziemlich das Gegenteil einer Flow-Erfahrung: Der Geist arbeitet, der Körper nicht. Es lohnt sich also tatsächlich, nicht nur zu sagen: Drogen können eine Flow-Erfahrung hervorrufen oder katalysieren oder nicht, sondern die Droge selbst ist wichtig, und womöglich ist das auch der Punkt, an dem Csíkszentmihályi seinen Fehler macht: Indem er einfach jede Droge in einen Topf wirft, ungeachtet dessen, dass beispielsweise Meskalin nach Huxley eine gute Flow-Droge ist, Opium nach de Quincey nicht, Marihuana nach meiner persönlichen Erfahrung
tatsächlich eher die Illusion einer Flow-Erfahrung auslöst, und Alkohol eine Streitfrage ist.

Wenn man versucht zu differenzieren, zerfasert allerdings alles. Selbstverständlich muss man sagen: Rausch ist nicht Flow, Flow ist nicht Rausch, obwohl das eine das andere durchaus bedingen kann.
Genauso wie man sagen muss: Es gibt keine Droge, von der man für jeden Menschen von vorneherein sagen könnte, dass sie eine Flow- Erfahrung auslöst, oder überhaupt vorhersagen könnte, wie sie wirkt. Es gibt höchstens wahrscheinliche Kandidaten. Und selbst wenn eine Droge eine Flow-Erfahrung in der Lage ist auszulösen, ist – hier sind wir wieder bei den Schriftstellern – noch lange nicht gesagt, dass dieser Flow tatsächlich ein Schreib-Flow, oder besser: der gewünschte Flow ist. Vielleicht ist er auch wieder nur ein halb bewusster Inspirationsmoment, den hinterher niemand so genau nachvollziehen kann. Vielleicht – hier spielt wieder meine eigene Erfahrung mit hinein – produziert diese Drogen-Flow-Erfahrung aber auch nur Schrott, der hinterher direkt in den Papierkorb wandert:

»Nehmen wir einmal für einen Augenblick an, das Haschisch verleihe Genie, oder erhöhe es zumindest, so vergessen die oben Genannten doch, dass es in der Natur des Haschisch liegt, den Willen zu schwächen […]: es steigert die Einbildungskraft und lähmt zugleich zugleich das Vermögen, sich dies zu nutze zu machen.«

schreibt Baudelaire, und überhaupt:

»Das Haschisch offenbart dem Einzelnen nichts als sich selber.«

Warten auf den Flow. Bild von hier.
Was man vor der Droge nicht konnte, das kann man danach oder währenddessen auch nicht. Daher geht es bei Drogen auch immer nur um Selbstoptimierung, Selbsterweiterung vielleicht noch, nie um Neuerfindung, komplette Neudefinition. Die Wirkung einer Droge ist immer persönlich, subjektiv, jedenfalls jenseits dessen, was sich chemisch beschreiben lässt, jenseits der Gemeinsamkeiten: Wer zu welchem Anlass welche Droge nimmt, ist wichtig, wenn man sich fragt, ob diese Drogen Flow-Erlebnisse katalysieren können oder nicht.
Je konkreter das Ziel wird, das man hat – das gilt vor allem für das Vorhaben kreativ zu sein –, desto brüchiger wird der Rausch. Alexander Kupfer zitiert in "Die künstlichen Paradiese" Michaux, einen Freund Baudelaires:

»Er [Anm. J.F.: Baudelaire] entdeckte, dass die objektiven Meskalinvisionen unübersetzbar sind, weil ihr beschleunigter Rhythmus mit dem Rhythmus künstlerischen Schaffens unvereinbar ist. Wie schnell er auch immer arbeiten mag – der Künstler wird immer vom Visionär überholt. Die Versuche des Künstlers, Schritt zu halten, führen zu spastischen Zuckungen.«

Man macht sich das tatsächlich nicht immer klar, aber der Rausch ist eine brüchige Sache – natürlich, wenn einer, wie wir in Disneyland, etwas Halluzinogenes isst, dann ist der Rausch einerseits für die nächsten Stunden da und lässt sich kaum abschütteln. Andererseits kann er beim kleinsten Anlass in etwas völlig anderes umschwenken: Man geht im Rausch über die Straße, und jemand kuckt einen schief an. Man landet an einem Ort, von dem man möglichst schnell wieder wegwill, der einen im hypersensiblen Drogenzustand fertig macht. Oder, umgekehrt: Die unangenehmste Situation verkehrt sich, weil der richtige Mensch da ist, die richtige Musik plötzlich läuft, irgendsoetwas, in ihr komplettes Gegenteil. Nicht alles davon ist gut für den Rausch, gut für den Verlauf.

Es hilft, zu trainieren, und auch das geht lustigerweise mit Csíkszentmihályis Flow-Ideen zusammen: Der Geist, schreibt er, sei normalerweise ungeordnetes Chaos. Während eines Flow-Erlebnisses wäre aber alles geordnet. Geordnet, weil der Geist auf eine, und nur eine Sache fokussiert ist, konzentriert. Flow heißt immer auch: etwas – im weitesten Sinne – ordnen, und Spaß daran haben, es zu ordnen. Csíkszentmihályi schreibt, dass diese Konzentration auf nur eine Sache ohne externe Hilfe schwierig zu erreichen sei. Als externe Konzentrations- oder Aufmerksamkeitseinfangmechanismen nennt er Fernsehen und Drogen, aber für ein Flow-Erlebnis,
schreibt er, sei es fast unumgänglich, auf solche Außeneinwirkungen zu verzichten. Warum das so ist, schreibt er nicht, aber seiner Ansicht nach ist der Geist, der einen Fokus ohne solche Hilfe von außen legen kann, eher dafür geeignet, ein echtes Flow-Erlebnis zu haben. Man müsse, schreibt er, ohne externe Hilfe seinen Geist so lenken, dass er nicht fortdriftet, wer seinen Geist unter Kontrolle hätte, der könne das. Man könne das lernen, schreibt er, und auch das könne eine Voraussetzung für ein Flow-Erlebnis sein.
Man würde sich hier wieder wünschen, dass Csíkszentmihályi spezifischer sagt, welche Droge er meint, wahrscheinlich eher medizinisch eingesetzte Fokusdrogen wie Ritalin, aber letztendlich spielt das keine Rolle: Er scheint zu glauben – ganz unspezifisch gesagt –, Drogen nehmen sei gleichbedeutend mit Fernsehen, eine rein passive Angelegenheit, die nach dem Schema ›Anmachen und los‹ funktioniert, was, soweit ich das beurteilen kann, der direkte Weg in die Katastrophe ist. Selbstverständlich bietet eine Droge einem einen Konzentrationsfokus an – den der Droge, weil jede Erfahrung, alles, was man denkt oder tut unter dem Vorzeichen eines anderen Bewusstseinszustandes, eines anderen chemischen Gleichgewichtes steht. Aber so einfach wie Fernsehen ist es dann doch nicht: Csíkszentmihályi macht den Fehler, nicht anzuerkennen – oder zu wissen – welche Selbstkontrolle, überhaupt, welche erlernten Fähigkeiten Drogenkonsum voraussetzt.

»Jeder ernsthafte Drogenbenutzer muss damit fertig werden, wenn ihm die eigene tote Großmutter mit einem Messer im Mund am Bein hochkriecht.«

schreibt Hunter S. Thompson in "Fear and Loathing in Las Vegas". Das ist natürlich übertrieben, aber es ist trotzdem ein Buch, in dem es genau darum geht: um Kontrollverlust. Oder besser: um den schmalen Grat zwischen Kontrolle und Kontrollverlust sowie einem virtuosen Tanz auf diesem Grat, ohne jeweils allzu lange in die eine oder die andere Richtung abzukippen: Die Protagonisten des Buches lassen die Droge soweit die Kontrolle übernehmen, wie es innerhalb des Regelwerkes der Gesellschaft, in der sie sich bewegen überhaupt nur geht. Sie versuchen, die Grenze zu finden, und dort zu bleiben. Wenn die Droge komplett die Kontrolle übernimmt, ist der Rausch vorbei – dann wird es ein Absturz. Wenn man die Droge nicht die Kontrolle übernehmen lässt, wird es kein Rausch. Man muss das tatsächlich lernen, für jede Droge einzeln: Man muss lernen, wie sich der Körper und der Geist zueinander verhalten, wenn man die chemische Zusammensetzung ändert. In seiner berühmten soziologischen Studie »Becoming a Marihuana User« schreibt Howard S. Becker:

»The novice does not ordinarily get high the first time he smokes marihuana, and several attempts are usally necessary to induce this state.«

Es ist ein langer Weg zur richtigen Drogennutzung. Aber es
 gibt coole Autos dafür. Bild von hier.
Das deckt sich tatsächlich auch mit meinen Erfahrungen – wer zum ersten Mal Marihuana oder Haschisch raucht, merkt meistens gar nichts davon. Das hat einerseits etwas damit zu tun, wie geraucht wird. Andererseits aber auch mit dem Feintuning der Sinne auf den Rausch, auf das, was dort passiert, sonst passiert nichts, oder das Falsche. Bei Marihuana mag das noch angehen – bei stärkeren Drogen, wie LSD, kann es unangenehm werden, es unvorbereitet zu versuchen. In "LSD – mein Sorgenkind" beschreibt Albert Hoffmann einen ungeplanten Selbstversuch mit dem von ihm erfundenen LSD, den allerersten LSD-Trip überhaupt, und kommt zu dem Schluss:

»So, wie ich LSD bei meinem ersten Selbstversuch in seiner erschreckenden Dämonie erlebt hatte, konnte ich gar nicht auf den Gedanken kommen, dieser Stoff könne jemals sozusagen als Genussmittel Anwendung finden.«

Der Fokus auf den Rausch ist genauso wichtig wie Erfahrung damit, die Konzentration auf das, was da gerade passiert, ist genauso wichtig wie die Fähigkeit, die Kontrolle soweit abzugeben, wie es nötig ist, aber nicht mehr. Und das alles ließe sich auch von einem Flow-Erlebnis sagen. Die Verbindungen zwischen Rausch, so, wie er in der Wissenschaft und in der Literatur beschrieben wird, und Flow, so, wie Csíkszentmihályi ihn beschreibt, sind tatsächlich sehr ähnlich: Sowohl der Weg zur jeweiligen Erfahrung, der gelernt, vorbereitet und immer wieder verbessert und angepasst werden will, wie auch die Erfahrung selbst – ihre Selbstverständlichkeit und ihre Brüchigkeit –, die ideal nur in einem schmalen Kanal stattfinden kann und die richtig zu erfahren auch gelernt sein will. Wer es nebenbei versucht, wird kein ideales Ergebnis bekommen. Und während man die Sedimente und Ablagerungen von Drogen- Erfahrungen bei einer Menge Autoren nachweisen kann, mehr als sich lohnen würden, aufzuzählen, dürfte es schwerfallen, einen zu finden, bei dem sich Rausch und (Schreib-)Flow so einfach deckungsgleich verschränken: Keine Droge ist einfach so eine Tür hinein in den kreativen Flow, die Abhängigkeiten sind weit komplexer.
Drogen – und das ist tatsächlich der Punkt an dem Csíkszentmihályi ein wenig recht hat – bringen die Wahrnehmung, den Körper, den Geist durcheinander, allerdings nicht komplett zufällig. Was daraus wird, lässt sich kaum sagen.
Der Disney-Drogen-Flow war, wenn ich mir das jetzt im Nachhinein überlege, erstaunlich unspezifisch – wir wollten nichts, es war die Droge, die uns immer wieder sagte, dass alles, was wir tun, richtig war, und uns gleichzeitig mit Bildern und Gedanken versorgte, die anders waren, als wir es gewohnt waren. Was genau das für Bilder und Gedanken waren, und was genau uns trieb, zu tun, was wir taten – daran, das zu formulieren arbeite ich immer noch, in mehr und anderen Texten als diesem. Es war nicht die Droge, sondern die Drogen-Erfahrung, die mir in dieser Hinsicht mehr als einen Schreib-Flow beschert hat, den ich sonst nicht gehabt hätte – aber das, und das ist auch eines der Probleme, wenn man sich mit so subjektiven, fast esoterischen Themen befasst, gilt wahrscheinlich wiederum nur für mich.

Aber ganz ehrlich gesagt: Ich weiß nicht genau, warum wir Pankow damals eine Wikingerbeerdigung verpassten. Ich arbeite daran, es herauszufinden. Das Einzige, was ich heute dazu sagen kann, ist ein Satz, der für Flow- und für Drogen-Erlebnisse passt: Wir hatten diese Idee, und dann haben wir sie umgesetzt. Warum, weiß niemand.


Bibliografie













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