Ein Jahr lang leitete ich eine kleine Veranstaltungsreihe im Theater für Niedersachsen, nichts
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Immerhin ein Bier, und kein Wasserglas. Bild: Privat |
großes, ein Late-Night-Format, das hauptsächlich dazu gedacht war, auch mal jüngeres Publikum ins Theater zu holen. Dafür, das ganze technisch zu betreuen, war mir ein grummeliger, oft bärtiger Theatertechniker zugeteilt, der alles konnte und jeden kannte, aber den Aufwand gerne gering hielt. Dieser Techniker liebte Lesungen. Er musste einfach nur einen Tisch und einen Stuhl hinstellen, zwei Lichter -eins weiß, eins farbig - darauf richten, ein Mikro hinstellen, und den Rest des Tages wurden wir beide dafür bezahlt, auf dem Balkon zu stehen und zu rauchen, so lange, bis kurz vor Veranstaltungsbeginn der Autor auftauchte, seinen Stuhl ausprobierte, zwei Worte ins Mikro sagte, und dann rauchten wir alle drei gemeinsam, bis es los ging. Es gibt kaum unaufwändigere Veranstaltungen.
Tatsächlich gibt es aber auch kaum langweiligere Veranstaltungen als so eine Lesung auf Default-Setting.
Es gibt Autoren, die versuchen, es anders zu machen - es gibt Poetry Slams, es gibt Leute, die ihre eigenen DJs mit zur Lesetour schleppen, es gibt allen möglichen multimedialen Krempel - aber ein großer Teil der Lesungen, auf denen ich war, ein großer Teil der Lesungen, die einem so angeboten werden - als Lesender und als Zuhörer - sehen genau so aus: Ein Tisch, ein Stuhl, ein Wasserglas.