Donnerstag, 18. Juli 2013

4 Wochen Probeabo - Teil III: Stallgeruch

Seit Jahren habe ich keine Print-Zeitung mehr gelesen. Jetzt habe ich mir ein kostenloses Probeabo bestellt. Eine Erkundung.

Zum ersten Teil geht es hier.

Zum zweiten Teil geht es hier.



Buntes Blatt. Bild von mir.

Folgendes passierte: Ich hatte, ich weiß nicht genau woher, eines dieser Gratis-Parfümpröbchen-Röhrchen rumliegen. Und ich hatte die aktuelle ZEIT herumliegen. Beides auf dem Küchentisch. Ich brauchte den Küchentisch für irgendetwas, ich weiß nicht mehr genau, wahrscheinlich, um Essen darauf abzustellen, jedenfalls wischte ich den Kram auf den Fußboden. Aß. Stand auf. Lief über die Zeitung, die auf dem Boden lag, und über das Parfümpröbchen-Röhrchen, das irgendwo zwischen den Seiten versteckt war. Und stellte fest: Die ZEIT hat ganz ausgezeichnete Saug-Eigenschaften. Der Blätterwald, der die Woche über bei mir rumlag, roch männlich-moschusartig, vielleicht auch würzig, generell aber eher unangenehm. 

Es gilt wieder: Ich möchte gar keine einzelnen Artikel kritisieren - es gibt gute, es gibt schlechte, lange Reportagen, kurze Notizen, bekloppte und interessante Meinungen,  das meiste ist irgendwie so mittendrin. Nichts, was ich mit riesigem Gewinn gelesen hätte, vor allem im Feuilleton liegt die Themenauswahl manchmal extrem quer zu dem, was ich eigentlich lesen möchte - zu wenig Pop, zu wenig Gegenwart, zuviel Abfeiererei von Toten und Nischen - andererseits sind das aber auch Sachen, die ich sonst vielleicht nie gelesen und gewusst hätte. 

Mittwoch, 3. Juli 2013

Vier Wochen Probeabo - Teil II: Rituale

Seit Jahren habe ich keine Print-Zeitung mehr gelesen. Jetzt habe ich mir ein kostenloses Probeabo bestellt. Eine Erkundung.

Zum ersten Teil geht es hier. 



Der Ritualsessel. Bild von mir.

Wenn ich an Printzeitungen denke, denke ich an Rituale. Schöne Rituale, die mir Freude gemacht haben. Ich setzte einen Kaffee auf, und stolperte jeden morgen die Treppe zum Briefkasten herunter, oft noch verschlafen, ein- oder zweimal im Bademantel. Ich stolperte, die Zeitung - die Süddeutsche - unter den Arm geklemmt wieder hoch, in der Küche war der Kaffee inzwischen fertig. Ich goß mir einen Kaffee ein, las immer zuerst die Schlagzeilen, dann das "Streiflicht" oben links, drehte ich den Politikteil um, las das, was dort unter der Überschrift "Aus aller Welt" so stand,  arbeitete mich von hinten weiter durch, blieb meistens an der Reportage auf Seite 3 noch etwas länger hängen, hatte dann schon meine erste Tasse Kaffee und die erste Morgenzigarette fertig. Ich legte den ersten Teil der Zeitung weg, schenkte mir einen neuen Kaffee ein, zündete eine neue Zigarette an, und begann mit dem Feuilleton. Freitags und Samstags las ich zwischen Politiktteil und Feuilleton das Magazin, beziehungsweise die Wochendendbeilage.

Jeden Tag. Ein paar Jahre lang. Manchmal, wenn ich früh los musste, nahm ich mit, was ich morgens nicht geschafft hat - die Reihenfolge blieb immer gleich.